Vor 130 Jahren (1891)
Eduard Lill : Das Reisegesetz und seine Anwendungen auf den Eisenbahnverkehr erscheint im Comissions-Verlag von Spielhagen & Schurich (zum PDF).
über Eduard Lill:
Eduard Lill studierte 1848/1849 Mathematik an der Deutschen Technischen Hochschule in Prag. 1850 trat er in die Armee und diente bei den Genietruppen. Von 1852 bis 1856 studierte er an der Ingenieurschule der Armee in Klosterbruck. Nach dem Abschluss seines Studiums diente er über ein weiteres Jahrzehnt bei den Genietruppen und war in Esseg, Kronstadt und Spalato stationiert. Lill beendete seine Militärkarriere 1868 im Range des Hauptmanns und trat eine Stelle als Ingenieur bei der Österreichischen Nordwestbahn an. Für die Eisenbahn leitete er zunächst die Streckenkonstruktion bei Trautenau, aufgrund eines schweren Unfalls war er jedoch bald auf Büroarbeit beschränkt. Von 1872 bis 1875 war er Sekretär des Baudirektors Hellwag, danach arbeitete er als technischer Referent in der Generaldirektion. 1885 wurde er Leiter der statistischen Abteilung und 1894 ging er als Oberinspektor in den Ruhestand.[1]
Lill ist heute vor allem für seine Beiträge zur Mathematik und den Verkehrswissenschaften bekannt. Er veröffentlichte 1867 einen Artikel, in dem er eine graphische Methode zur Nullstellenbestimmung von Polynomen beschrieb. Diese ist im Wesentlichen eine clevere Illustration beziehungsweise geometrische Deutung des Hornerschemas und wird heute als Lills Methode bezeichnet.[2] Ebenfalls nach ihm benannt ist der Lill-Kreis, den man aus einer leichten Modifizierung der Anwendung seiner Methode zur Nullstellenbestimmung auf normierte quadratische Funktionen erhält.[3][4] In den Verkehrswissenschaften trägt das Lillsche Reisegesetz seinen Namen, das einer der ersten wissenschaftlichen Versuche zur Modellierung von Verkehrsaufkommen war.[5]
Dem hinzuzufügen ist nur, dass Eduard Lill auch oft und nicht zu Unrecht als Vater der Verkehrswissenschaften bezeichnet wird.
Bereits 2 Jahre früher (1889) erschien in der Zeitschrift für Eisenbahnen und Dampfschiffahrt der Artikel „Die Grundgesetze des Personenverkehrs“, in dem er sein heute als „Lillsches Gesetz“ bekanntes Gravitationsmodell zum Reiseverhalten erklärte.
Eine ausführliche Definition des Lillschen Gesetzes findet man im wirtschaftslexikon.gabler.de :
Zitat von wirtschaftslexikon.gabler.dedas Lillsche Reisegesetz ist ein Gravitationsmodell zur Darstellung der Abhängigkeit der Zahl der Reisenden zwischen zwei Orten von reiserelevanten Eigenschaften der Orte und der Reisedistanz:
R = ( Q x Z) / D²
mit R = Anzahl Reisender je Zeiteinheit, Q = „Reisewert” des Quellortes, Z = „Anziehungswert” des Zielortes, D = zeitliche(1) Distanz zwischen den Orten. Maßgrößen des Reise- und des Anziehungswertes sind z.B. Bevölkerungszahlen, Haushaltseinkommen, Fremdenverkehrs- oder andere Dienstleistungsangebote der Orte. Dieses eher veraltete und einfache Reisegesetz wird heute abgelöst durch umfassende Untersuchungen und Aussagen im angebotsbezogenen Destinationsmanagement einerseits und in nachfragebezogenen Reiseanalysen andererseits
Dieses Gesetz mag auch hier als veraltet, vereinfacht oder was auch immer bezeichnet werden, der Herr Oberinspektor der österreichischen Nordwestbahn hat zwei Dinge erkannt: die Verteilung der Anzahl der Reisenden ist eine Funktion der Zeit und verhält sich indirekt proportional zum Quadrat der selbigen. Soll heissen : Doppelte Fahrzeit, ein Viertel der Reisenden, halbierung der Fahzeit viermal so viele Reisende.
Eine der Konsequenzen aus seiner Erkenntnis ist übrigens auch die Folgeerkenntnis, dass eine schnellere Verbindung nicht Reisezeit sparen hilft, sondern nur dazu führt, dass die Fahrstrecken länger werden oder dass öfter gefahren wird und zwar mit diesem Faktor 1/D²
Betrachtet man die Geschwindigkeit, wächst entsprechend die Zahl der Nutzer mit deren Quadrat. Verdoppelt man die Reisegeschwindigkeit einer Bahnlinie von 150km/h auf 300km/, fahren also, bei entsprechend vorhandenem Potenzial, viermal so viele Reisende.
Stimmt nicht ganz, man muss lt. Eduard Lill die Gesamtreisezeit "von Tür zu Tür" betrachten und die Tramway, die uns zum Bahnhof bringt, steckt ja immer noch im Stau, also sind es nicht ganz viermal so viele.
Womit wir bei einem anderen Verdienst Eduard Lills sind: seiner Betrachtungsweise haben wir es zu verdanken, dass in Österreich (und auch in Deutschland) in diversen Studien sehr konsequent Reisezeiten „von Tür zu Tür“ betrachten, was in anderen Ländern nicht selbstverständlich ist. Diese Betrachtungsweise lässt uns aber auch ohne Probleme Flug- Bahn- und Strassenverkehr vergleichen.
(1) von mir vervollständigt