Am 15. September unternahm ich eine Schifffahrt auf dem 81 km langen Oberländischen Kanal von Elbing (Elbląg) nach Osterode (Ostróda) in der Woiwoidschaft Ermland-Masuren (województwo warmińsko-mazurskie) in Polen (siehe dazu auch diese Rätselfrage), der mit seinen heute noch in Betrieb befindlichen fünf Rollbergen ein weltweites Unikum darstellt. Der Bahnbezug ergibt sich durch die auf den Rollbergen verkehrenden Schrägaufzüge, mit deren Hilfe die Schiffe von einer Kanalebene zur anderen transportiert werden. Der Clou an der Sache ist, dass der Transport der Schiffe über die Rollberge mit Ausnahme des Rollberges von Kussfeld (Całuny), wo eine elektrische Turbine installiert ist, ausschließlich durch den Einsatz von Wasserkraft mit Hilfe von Wasserrädern erfolgt. Der Schiffstransport ist daher sehr energiesparend und umweltfreundlich und funktioniert seit der Inbetriebnahme im August 1860 weitgehend verschleißfrei. Auch die Transportwagen der Schrägaufzüge funktionieren seit ihrer Inbetriebnahme völlig problemlos
Mit Hilfe der fünf Rollberge werden auf einer Distanz von 9 km rund 100 m Höhendifferenz überwunden. Ursprünglich waren herkömmliche Schleusen geplant und 1844 wurde auch mit dem Bau von 5 Schleusen bei Kussfeld (Całuny) begonnen, die auch fertiggestellt wurden. Der Weiterbau hätte aber weitere 27 Schleusen erfordert, was sich als unwirtschaftlich herausstellte. Der Erbauer des Kanals, der Königsberger Baurat Georg Steenke reiste 1850 in die USA und lernte dort die Geneigten Ebenen am Morriskanal (Verbindung zwischen Hudson und East River im Norden Manhattans) kennen. Steenke baute daher in weiterer Folge vier Rollberge in Hirschfeld (Jelenie), Schönfeld (Oleśnica), Kanthen (Kąty) und Buchwalde (Buczyniec). Zwischen 1874 und 1881 wurden die schon bestehenden fünf Schleusen durch einen weiteren Rollberg bei Kussfeld (Całuny) ersetzt. Aus diesem Grund befindet sich dort zum Antrieb auch kein Wasserrad, sondern eine elektrische Turbine.
Die Schifffahrt begann knapp unterhalb des Rollberges von Hirschfeld und führte über die beiden Rollberge von Hirschfeld und Schönfeld. Etwa zwei Kilometer nach dem Rollberg von Schönfeld verließen wir an einer Anlegestelle das Schiff wieder. Die Fahrt über einen Rollberg dauert etwa 15 Minuten. Einschließlich einer Führung durch das Maschinenhaus beim Rollberg Hirschfeld dauerte die Fahrt etwa zwei Stunden, die sich mehr als lohnten.
Aber seht selbst:
Die Fahrt unternahmen wir mit dem Schiff Cyranka (Kleine Ente):
Nach kurzer Fahrt kommt der Rollberg von Hirschfeld (Höhendifferenz 22,5 m, Länge 510 m) in Sicht:
Vorbei geht es an den Seil-Umlenk-Rädern am unteren Ende des Rollberges:
Das Schiff fährt auf den Transportwagen und wird festgemacht. Das Ganze dauert nicht länger als ein, zwei Minuten:
....und los geht die Fahrt den Rollberg hinauf. Oben am Horizont ist bereits der leer zu Tal fahrende Transportwagen zu erkennen:
Ein Blick zurück auf das untere Ende des Rollberges:
Halbzeit. Der zu Tal fahrende Transportwagen rollt an uns vorbei:
Transportwagendetail:
Ein Blick auf die umgebende Landschaft:
Schon sind wir oben angelangt:
Die Seil-Umlenkräder für das das Umlaufseil am oberen Ende des Rollberges. Rechts gehts zum Maschinenhaus, das wir in Teil 2 besuchen werden:
Fotos: dr. bahnsinn, aufgenommen am 15. 9. 2011
Gleich gehts in Teil 2 weiter!