Am Sonntag, den 28. 10. 2012 fuhren wir mit EuskoTren (Eusko Trenbideak - Ferrocarriles Vascos, S.A.) von Bilbao nach Donostia/San Sebastian. Die stündlich verkehrenden Züge, die an allen Bahnhöfen und Haltestellen halten, benötigen für die rd. 110 km knapp 2 h 40 m. Die zwei Mal täglich verkehrenden beschleunigten Züge schaffen es in knapp über 2 h. Wer Interesse hat, hier gibt es den aktuellen Fahrplan. Die beschleunigten Züge sind rot unterlegt.
Wer will, kann mit mir nun auf die Reise gehen:
Die ZÜge nach Donostia (baskisch)/San Sebastian (spanisch) sowie nach Bermeo (Stadt und wichtiger Fischereihafen nordöstlich von Bilbao) fahren in Bilbao am südöstlichen Rand der Altstadt vom Bahnhof Atxuri (tx wird im Baskischen so "ʧ" ausgesprochen, daher "Atschuri") ab. Das Bahnhofsgebäude stammt aus dem Jahr 1913 und seine Tage sind gezählt, denn die Abfahrtsstelle der Züge soll aus Platzgründen verlegt werden. Anstelle der EuskoTren-Züge soll die Straßenbahnlinie EuskoTran, die derzeit beim Bahnhof Axturi ihre Endstation hat, auf den EuskoTren-Gleisen bis zur Station Etxebarri verlängert werden:
Die sehr einfache Endstelle der Straßenbahn. Tw 407 wartet auf die Abfahrt. Hinter dem Gitter führt das Gleis aber noch weiter, denn parallel zu den Gleisen der Bahnstrecke befindet sich der zweigleisige Betriebsbahnhof der Straßenbahn:
Der Bahnhof verfügt über drei Bahnsteiggleise und über ein Abstellgleis. Alle drei Bahnsteiggleise sind belegt. Links der zweiteiligeTw 312 der Reihe 300, dahinter kaum sichtbar der zweiteilige Tw 6510 der Reihe 6500. Mit diesen beiden, etwas komfortableren Reihen (Sitzeinteilung 2+1, Polstersitze, Armlehnen) werden die beschleunigten Züge geführt. In der Mitte Tw 211 der vierteiligen Reihe 200, mit dem wir nach Donostia fahren werden und ganz rechts der Tw 207 nach Bermeo. Die Züge nach Donostia fahren zur vollen Stunde, die Züge nach Bermeo jeweils zur halben Stunde, sodass sich bis zur Stadt Amorebieta (ca. 20 km) ein Halbstundentakt ergibt, wobei die beiden Linien in Amorebieta getrennte Bahnhöfe haben.
Die Tw 207 und 211 von vorne:
Die Bahnhofsausfahrt aus Axturi. Rechts sieht man das zum Betriebsbahnhof der Straßenbahn führende Gleis, das nur befahren werden kann, wenn das EuskoTren-Bahnsteiggleis nicht mit einem Zug belegt ist. Das Straßenbahngleis ist signalmäßig gesichert. Das Ausfahrsignal für den Tw 207 nach Bermeo zeigt bereits Grün. Der Tw 6510 ist graffitimäßig "verziert", was im Baskenland eher die Ausnahme ist:
Rechts unser Tw 211 nach Donostia, links steht der Straßenbahn-Tw 404 als Reserve. Das Signal, das den Streckenabschnitt zum Betriebsbahnhof absichert, ist rechts vom Tw zu sehen:
Der Tw 6510 ist auch an der Vorderfront verziert. Rechts das als Bahnsteiggleis nicht benützbare Abstellgleis:
Die neuen Tw der Reihe 900 sind noch seltene Gäste in Bilbao. Hier der Tw 904:
Pünktlich um 12:00 Uhr Ausfahrt aus Bilbao-Atxuri. Auf den zweigleisigen Abschnitten wird links gefahren. Rechts der Straßenbahn-Betriebsbahnhof:
Bei km 0,8 bereits der erste Tunnel. V/max an dieser Stelle 60 km/h. Die Strecken- und Fahrzeughöchstgeschwindigkeit liegt bei 80 km/h. Die 80 km/h-Abschnitte sind aber eher rar:
In der Station Bolueta gibt es eine Verknüpfung mit der Metro, die die EuskoTren-Trasse oberirdisch in der Diagonale quert:
Knapp vor der Station Ariz mündet das nicht elektrifizierte Verbindungsgleis zum FEVE-Netz ein, das nur im Güterverkehr befahren wird:
Die Gütergleise in Ariz sind gut ausgelastet:
Auch einen Container-Kran und Container-Verkehr gibt es:
Ein Blick ins Innere des Tw 211. Die Ausstattung ist spartanisch, es gibt weder Gepäck- noch Gewandablagen noch ein WC. Die Sitzeinteilung ist 2+2. Aber es fährt auch fast niemand die Gesamtstrecke (außer uns) zwischen Bilbao und Donostia. Wer diese Relation öffentlich fährt, nimmt den halbstündlich verkehrenden Autobus über die Autobahn, der die Distanz zwischen Bilbao und Donostia in 70 Minuten schafft. Die mäßige Auslastung des Tw ist der Tatsache geschuldet, dass wir an einem Sonntag um die Mittagszeit unterwegs sind:
Es gibt trotz der dichten Besiedelung auch Haltestellen in ländlicher Umgebung, wie zum Beispiel hier die Haltestelle Bedia:
Zwischen den Stationen Lemoa und Amorebieta zweigt nach links die nach Bermeo führende Zweiglinie ab. Diese Linie berührt auch die Stadt Gernica, spanisch Guernica, die im spanischen Bürgerkrieg am 26. April 1937 durch einen Luftangriff der deutschen Legion Condor zerstört wurde, was hunderten Menschen das Leben kostete. Dieser Luftangriff bewog Pablo Picasso, eines seiner bekanntesten Werke, Guernica zu malen:
Die üppig aus dem Boden sprießenden Autobahn-Neubauten sind eine harte Konkurrenz für die Bahn. So auch zwischen den Orten Amorebieta und Euba (km 25):
Ab dem Bahnhof Euba (km 25) ist die Bahn eingleisig, aber die Arbeiten zum zweigleisigen Ausbau sowie Streckenbegradigungen bis Durango (km 35) und zum in Bau befindlichen neuen Betriebsdepot östlich von Durango (km 37) sind in vollem Gang:
Die Stadt Durango (ca. 28.000 EW) wird untertunnelt. Die Rampe zum Tunnel ist im Hintergrund zu erahnen:
Betriebsruhe Sonntagmittag im alten Depot in Durango, weshalb auch fast die ganze Flotte der Diesellokreihe 2000 von EuskoKargo abgestellt ist:
Die formschöne Lok 2001 in Großaufnahme. EuskoKargo dürfte aber zum Großteil außerhalb seines eigenen Netzes im Güterverkehr aktiv sein, denn ich habe auf dem von uns befahrenen EuskoTren-Linien so gut wie keine GV-Aktivitäten gesehen:
In Durango findet eine planmäßige Kreuzung statt. Hier der Gegenzug Richtung Bilbao. Die Abwicklung des Verkehrs war zumindest am Tag unserer Reise absolut pünktlich:
Das Bahnhofsgebäude von Durango macht schon einen etwas heruntergekommenen Eindruck, aber es soll ja ohnehin durch den in Bau befindlichen unterirdischen Bahnhof ersetzt werden. Geplant wurde das inkluse Tunnel und Betriebsdepot ca. 150 bis 160 Mio. Euro teure Projekt von der auch bei uns bekannten Architektin Zaha Hadid (z. B. Überbauung der Stadtbahnbögen in Wien, Bergisel-Schanze in Innsbruck):
Das folgende Foto zeigt die östliche Ausfahrt aus dem Tunnel unter der Stadt Durango. Da es etwas unscharf geraten ist, habe ich im Internet eine Foto-Anleihe genommen. Ich hoffe, der Autor des Fotos, riosecocostina, wird mir deshalb nicht böse sein:
Foto: riosecocostina
Demnächst geht es weiter!
PS.: Hier noch ein Link zu einer unvollständigen EuskoTren-Fahrzeug-Fotogalerie.