Auf den Spuren der Bahnlinie Valletta - Mdina (1883 - 1931) auf Malta

  • Wie ich im Rätselboard bereits geschrieben habe, war ich in der Vorwoche auf Malta. Da ich seit meinem Erstbesuch auf der Insel im Jahr 2004 bereits wusste, dass einmal eine kurze Bahnlinie existiert hatte, habe ich mich diesmal auf die noch immer vorhandenen Spuren der Bahnlinie gemacht. Folgt mir auf den 11,1 km langen Spuren zwischen der aktuellen Hauptstadt Valletta (ca. 6.300 EW) und der ehemaligen Hauptstadt Mdina (ca. 250 EW). Wer etwas mehr über die Bahn wissen möchte, kann es hier nachlesen. Die Fotos wurden zwischen 20. und 25. 04. 2013 gemacht.


    Die Bahnlinie nahm in Valletta im unterirdisch gelegenen Bahnhof am Freedom Square, gleich hinter den Befestigungsmauern gelegen, ihren Ausgang. Bis vor Kurzem war dort als sichtbares Zeichen noch ein Abgang vorhanden. Derzeit wird dort jedoch ein neues Gebäude für das maltesische Parlament gebaut, sodass dieser Überrest aus der Bahnzeit leider Geschichte ist. Das Foto zeigt den Rohbau des Parlamentsgebäudes:


    Die Bahnlinie führte durch die Befestigungsmauern Vallettas durch. Auf dem Foto unten ist das Tunnelportal zu sehen, das derzeit als unterirdischer Baustellenzugang zur Baustelle des Parlamentsgebäudes dient. Davor diente der Tunnel als Autogarage und während der Bombardierung Vallettas in den WK II-Jahren 1941 und 1942 durch deutsche Bomberverbände diente der Tunnel einem Teil der Bevölkerung als Luftschutzbunker:


    Die an den Tunnel anschließende Brücke führt über den Wehrgraben und verschwindet gleich darauf in einem weiteren, unter der Stadt Floriana (ca. 2.150 EW) hindurchführenden Tunnel:


    Nach ca. 800 m wird der unterirdische Bahnhof Floriana erreicht. Oberirdisch sind davon nur mehr ein unscheinbares Nebengebäude sowie der Abgang zu den Bahnsteigen zu sehen:



    Die Stadt Floriana ist auf ihrer Südseite von einer inneren Stadtmauer, einem Wehrgraben (Fausse Bray), einer äußeren Stadtmauer mit Wehrgraben und einem Wehrwall (Rampart) umgeben. Auf dem ersten Foto unten ist der zugemauerte Tunnelausgang unter der inneren Stadtmauer in die Fausse Bray zu sehen. Die beiden folgenden Fotos zeigen den zugemauerten Tunnel unter der äußeren Stadtmauer und die Brücke über den Wehrgraben. Auf dem mittleren Foto ist ganz rechts das 1721 errichtete Stadttor "Porte des Bombes" zu sehen:




    Danach verliert sich die Spur der Bahnlinie ein wenig. Von der ehemaligen Brücke über die Melita Road ist nichts mehr zu sehen. Die Spur taucht in der Triq (=Straße) Mile End wieder auf, wo die Bahn früher auf einem Damm verlief, von dem allerdings nichts mehr zu sehen ist, weil sich mittlerweile ein Sportplatz unterhalb der ehemaligen Bahntrasse befindet. Am Ende der Triq Mile End befand sich der Bahnhof der Stadt Ħamrun (ca. 9.400 EW), 2,1 km von Valetta entfernt. In Ħamrun befand sich auch das Bahnbetriebswerk. Heute ist am Gelände die Malta Dairy Products (MDP = Molkerei Maltas) untergebracht. Das erste Foto zeigt die Triq Mile End kurz vor Erreichen des ehemaligen Bahnhofes. Rechts ist die halbfertige Tribüne des Sportplatzes zu sehen. Das zweite Foto zeigt die Einfahrt zur Molkerei. Der Portier, der auf dem Foto gerade in die Kamera schaut, war unerbittlich. Er hinderte mich nicht nur am Betreten des Geländes, sondern auch am Fotografieren, sodass ich das Foto aus der Ferne machen musste:



    Fotos: dr. bahnsinn


    Fortsetzung mit Fotos vom ehemaligen Bahnhof Birkirkara folgt demnächst!

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Weiter geht's Richtung Mdina!
    Zwischen Ħamrun und Birkirkara (ca. 22.600 EW - 4,7 km ab Valletta) ist die Bahnlinie nur durch den Straßennamen "Old Railway Track" präsent. Erst in Birkirkara gibt es wieder sichtbare Zeichen von der ehemaligen Existenz der Bahnlinie.
    Unmittelbar vor der ehemaligen Bahnhofseinfahrt aus Richtung Valletta gibt es einen kleinen Platz, von dem sechs Straßenzüge abgehen. Der Platz trägt den Namen "Railway Square" und ist heute zentrale Busstation von Birkirkara. Das Foto unten zeigt den Platz mit den unfertigen Busbuchten. Die Bahnlinie querte von Valletta kommend den Platz diagonal von links (Straße mit dem Autobus) über die Busbuchten nach rechts. Im Haus, das an das am rechten Bildrand zu sehende Haus anschloß, befand sich die "Station Bar". Das Haus wurde mittlerweile abgerissen:


    Der ehemalige Bahnhofsbereich ist heute eine Parkanlage mit Namen "Old Railway Station Garden" mit dem Stationsgebäude im Mittelpunkt. Etwas lieblos aufgestellte Schautafeln mit ein paar Informationen erinnern an die Bahnlinie. Die Linien im Pflaster sollen wohl symbolisch ein Gleis darstellen. In Birkirkara lagen aber zumindest zwei Gleise, da der Bahnhof Birkirkara Kreuzungsbahnhof war:



    Das Bahnhofsgebäude ist auf Grund des noch vorhandenen Vordaches als solches unverkennbar und wird aktuell als Kindergarten genutzt:



    Ich hatte mich im Vorfeld über die Bahnlinie bereits ein bisschen schlau gemacht und wusste daher, dass es als einziges erhaltenes Fahrzeug nur mehr den am Bahnhof Birkirkara abgestellten Personenwaggon gibt. Ich hoffte daher, den Waggon in einem einigermaßen guten Zustand vorzufinden und wurde leider enttäuscht. Der Waggon ist hinter einem blickdichten Baustellenzaun versteckt und die Fotos vom Waggon gelangen nur dadurch, dass meine Begleitung mit Hilfe einer Stange die grüne Plane ein wenig zur Seite schob, während ich die Fotos machte:





    Im Anschluss an den Bahnhof führte die Strecke über damals offenes Gelände Richtung Mdina weiter. Heute ist das Gelände dicht verbaut und nur mehr der Straßenname "Triq Il-Ferrovia L-Qadima" erinnert daran, dass hier einmal die Bahntrasse verlief:



    An der Außenmauer der Parkeinfriedung weist eine Tafel, soweit ich den Text in maltesischer Sprache interpretieren konnte, darauf hin, dass der Bahnhof mit Hilfe diverser Förderprogramme saniert werden solle. Auf die Sanierung des Waggons hat man aber anscheinend vergessen:


    Weiter Richtung Mdina ist im verbauten Gebiet der Verlauf der ehemaligen Bahntrasse nur mehr durch den Straßennamen "Triq il-Linja" zu erkennen. Am südwestlichen Ortsende von Attard (ca. 10.700 EW) befand sich (am linken Bildrand des zweiten Fotos) die Station San Salvatore (7,5 km ab Valletta). Hier überquert die ehemalige Bahntrasse nunmehr als Straße mittels eines kleinen Rohrdurchlasses ein ausgetrocknetes Bachbett:



    Nach Attard führt die Bahntrasse durch offenes Gelände und ist nur mehr abschnittsweise als Feldweg erhalten. Das erste Foto unten wurde ungefähr 750 m südwestlich der ehemaligen Station San Salvatore aufgenommen und zeigt die als Feldweg genutzte Bahntrasse in Richtung Valletta. Nach ca. 300 m endet der Feldweg und die Trasse verschwindet unter einem Acker. Das zweite Foto zeigt die als Feldweg genutzte Bahntrasse Richtung Mdina. Dieser Weg ist ist noch auf rd. 1,2 km Länge vorhanden. Bis zur Station Mdina-Notabile sind es von hier noch ca. 2 km. Am dritten Foto lässt sich die beherrschende Lage der ehemaligen Hauptstadt Mdina schön erkennen:




    Von der früheren (1883 - 1900) Endstation Mdina-Notabile (km 10,2) ist nur mehr das an der Straße Mdina - Ħaż-Żebbuġ gelegene ehemalige Ticket Office vorhanden. Das Bahnhofsgebäude rechts davon ist den Glashäusern eines Bauernhofes zum Opfer gefallen. Zwischen 1895 und 1900 wurde die Bahnlinie bis Mtarfa, wo sich eine große Kaserne befand, verlängert, indem man die Stadt Mdina untertunnelte. Das erste Foto zeigt das ehemalige Ticket Office. Hinter dem Buschwerk links vom Gebäude befindet sich der ziemlich zugewachsene Zugang zum ostseitigen Tunnelportal, das auf dem zweiten Foto teilweise zu sehen ist:



    Ab 1900 war der Bahnhof Mdina-Mtarfa-Museum (km 11,1) Endstation der Bahnlinie. Die Gleisanlagen, die zum Abstellen des Rollmaterials benutzt wurden, reichten aber noch weiter bis an den Fuß des Hügels, auf dem sich die Stadt Mtarfa (ca. 2.500 EW) befindet. Ab 1890 befand sich hier eine große Kaserne der britischen Armee, die im 1. Weltkrieg auch das Royal Navy Hospital baute. Auf dem Foto, das von der Stadtmauer von Mdina aus aufgenommen wurde, ist der Streckenverlauf mitsamt einer Brücke bis zum Fuß des Hügels, wo die Strecke endete, zu sehen. Das ehemalige Royal Navy Hospital (heute eine höhere Schule) thront über der Stadt:


    Damit die Bewohner von Mdina den Bahnhof Museum leichter erreichen konnten, wurde durch die Stadtmauer ein Durchgang durchgebrochen, der mit einer Rampe verbunden war. Durchgang und Rampe sind auf dem folgenden Foto zu sehen:


    Ca. 100 m östlich des Bahnhofes Museum befindet sich das westliche Tunnelportal. Das Bahnhofsgebäude, das bahnsteigseitig noch das Bahnsteigdach trägt, wurde bis vor kurzem als Restaurant genutzt, das angeblich sehr beliebt war. Nun ist es aber geschlossen und so wie es ausschaut, leider auch dem Verfall preisgegeben. Es wäre zu wünschen, würde das Objekt zumindest wieder als Restaurant genutzt werden:




    Zum Abschluss noch ein Blick auf das Streckenende am Hügelfuß von Mtarfa, darüber das die Stadt überragende Gebäude des Royal Navy Hospitals:


    Mit diesem Foto ist meine Suche nach Spuren der Bahnlinie Valletta - Mdina zu Ende. Ich hoffe, es hat Euch gefallen. Als Informationsquelle verwendete ich eine aus dem Internet heruntergeladene Trassenbeschreibung mit dem Namen "Walking the Old Malta Railway". Leider scheitert derzeit das Aufrufen der Seite im Internet. Sollte das Aufrufen wieder möglich sein, stelle ich den Link hier rein.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Danke für den Bericht. Meinst du übrigens diese HP hier: http://www.faydon.com/Malta/Malta.html ?


    Gern geschehen. Genau diesen Link meinte ich. Gestern bin ich beim Versuch, die Seite zu öffnen, mehrmals an der Zeitüberschreitung gescheitert.
    Die Brückenüberreste zwischen Attard und Mdina-Notabile, die in dem betreffenden Bericht gezeigt werden, konnte ich nicht mehr finden, ebensowenig den Damm in St. Anton. Wahrscheinlich sind sie in den vergangenen Jahren dem Erdboden gleichgemacht worden.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Noch ein Nachtrag zu meiner Spurensuche entlang der ehemaligen Bahntrasse, da ich dazu ausschließlich die Autobusse des ÖV benutzte und in Wien die Erhöhung der ÖV-Ticket-Preise gerade aktuell ist.
    Der ÖV auf der Insel wird mittels moderner Autobusse (Normalausführung für Überland-Strecken und weniger stark frequentierte innerstädtische Linien, Gelenkbusse auf den stark frequentierten innerstädtischen Linien) abgewickelt. Die legendären Oldtimer-Busse, die in jedem Malta-Reiseführer abgebildet sind, sind längst passé. Betrieben wird der Busverkehr auf Malta von Arriva Malta Ltd., wobei jeder (!) Ort auf der Insel zumindest einmal stündlich bedient wird.
    Der Einzelfahrschein ist mit € 2,20 (egal, ob im Vorverkauf, oder beim Buslenker gekauft) ziemlich teuer, der Tagesfahrschein mit € 2,60 hingegen extrem billig.
    Die an den Haltestellen ausgehängten Fahrpläne erwiesen sich in den meisten Fällen als Makulatur oder bestenfalls als unverbindliche Zeitangabe für das mögliche Erscheinen eines Busses. Schuld daran sind einerseits die permanenten innerstädtischen, auch außerhalb der Stoßzeiten auftretenden Verkehrsstaus und andererseits die Tatsache, dass zwecks Fahrscheinkontrolle nur vorne beim Busfahrer eingestiegen werden darf, der Fahrer auf Grund der vielen Touristen in fast jeder Haltestelle Fahrscheine verkaufen muss und dass die normalen Busse nur einen (!) Ein- und Ausstieg vorne beim Fahrer haben.
    Ein weiterer Nachteil des Bus-ÖV auf Malta ist auch, dass bereits relativ früh am Abend (um ca. 19:00 Uhr) die Intervalle gestreckt werden. So verkehren ab dieser Zeit auch die meistfrequentierten Linien nur mehr im 20 Minuten-Takt und ab ca. 23:00 Uhr ist überhaupt Schluss.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Servus Dr.Bahnsinn, :)


    vielen herzlichen dank für Deinen Superbericht(!) über die eingestellte Bahnlinie auf Malta. So wie Du in diesem Bericht schreibst, gab es auf Malta offenbar keine,
    die sich für die Erhaltung der Eisenbahn auf Malta eingesetzt haben. Eigentlich schade,denn auf einer Insel wie Malta, hätte eine Eisenbahn neben dem Individualverkehr
    durchaus ihre Existenzberechtigung gehabt. Ist aber meine persönliche Meinung!

  • Erwin Tisch war auf Malta und hat mir ein paar Fotos geschickt, die ich hier reinstelle. Darunter sind auch zwei historische Aufnahmen aus der Zeit, als die Bahn noch in Betrieb war, also mindestens 85 Jahre alt.


    Das erste Foto zeigt einen Zug in der Station Birkirkara, etwa in der Mitte der ca. 11 km langen Strecke gelegen. Hier fanden auch die Zugkreuzungen statt. Zum Vergleich, wie es in der Jetztzeit dort ausschaut, bitte die Fotos aus dem Jahr 2013 etwas weiter oben betrachten:


    Die auf dem historischen Foto als "Porta Reale" bezeichnete Station gab es laut der Streckenskizze auf Wikipedia nicht. Ich gehe davon aus, dass sie eventuell bald nach der Betriebseröffnung wieder eingestellt wurde. Sie dürfte sich knapp außerhalb der Befestigungsmauer von Valletta, als zwischen dem Endbahnhof Valletta und dem der Station Floriana befunden haben. Siehe dazu das aktuelle Foto darunter:



    In Mdina, der alten Hauptstadt und ehemaligem Endpunkt der Linie fährt heute nur mehr ein Bummelzug:

    Fotos: Erwin Tisch

    dr. bahnsinn - der Forendoktor