Ich nehme meine im heurigen Sommer absolvierte Hausbootfahrt über die Havel zum Anlass, alle über die Havel führenden Eisenbahnbrücken, die ich bei meinen bisherigen Hausbootfahrten zwischen Neustrelitz und Werder bei Potsdam unterquert habe, samt der zugehörigen Bahnstrecken darzustellen.
Folgt mir auf meiner ca. 200 km langen Havel-Fahrt flussabwärts, die im Gr. Labussee bei Neustrelitz in der Mecklenburger Seenplatte beginnt und im Schwielowsee bei Werder in der Mark Brandenburg endet. Einige Fotos sind gegen Namensnennung entliehen, der Großteil stammt jedoch von mir.
Die Havel ist mit 334 km Länge der längste rechtsufrige Nebenfluss der Elbe und ist gemeinsam mit der Spree, die in Berlin-Spandau in die Havel einmündet, als Schifffahrtstraße für die Versorgung Berlins mit Kohle und Erdölprodukte unverzichtbar. Sie entspringt ca. 10 km nordwestlich von Neustrelitz und unterquert wenige Kilometer südlich in einem Durchlaß im Bereich des Bahnhofes Kratzeburg die zweigleisige Hauptstrecke Berlin - Neustrelitz - Waren/Müritz - Rostock - Warnemünde. Bereits ab dem Gr. Labussee See (ca. 15 km von der Quelle entfernt) ist die Havel für Hausboote befahrbahr und etwa bei km 20 treffen wir auf die erste Eisenbahnbrücke im Zuge der Bahnlinie Neustrelitz - Mirow - Wittstock - Pritzwalk. Diese Bahnlinie hat auch schon einmal bessere Zeiten gesehen, denn 1997 oder 1998 wurde der Abschnitt Mirow - Wittstock eingestellt. Die Strecke Neustrelitz - Mirow wurde bis Dezember 2012 im Auftrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern bedient. Das Land bestellte jedoch zum Fahrplanwechsel 2012/13 die Leistungen ab, worauf der Landkreis die Eisenbahngesellschaft Potsdam mit der Betriebsführung beauftragte. Zumindest für die unmittelbare Zukunft ist der Weiterbestand der Strecke gesichert. Eingesetzt werden die beiden Schienenbusse 172 001 und 172 171. Die Reihe 172 war zu DR-Zeiten als "Ferkeltaxe" oder auf Grund ihrer roten Farbe auch als "Blutblase" bekannt.
Das Foto von 3w984 zeigt einen ODEG-Zug bei der Fahrt über die Havelbrücke zwischen Gr. Labussee und Woblitzsee:
Nach etwa 15 km trifft die Havel auf die von der Müritz (mit ca. 113 km² größter deutscher Binnensee) kommende Müritz-Havel-Wasserstraße (MHW) und heißt ab hier Obere Havel Wasserstraße (OHW). Bei km 61,5 der OHW treffen wir in Fürstenberg/Havel auf die nächste Eisenbahnbrücke, über die die oben bereits erwähnte Hauptstrecke Berlin - Neustrelitz - Warnemünde führt, von der in Neustrelitz eine eingleisige elektrifizierte Hauptbahn nach Stralsund abzweigt.
Das Foto von Carl Noeske zeigt die Brücke vom Röblinsee aus, durch den die OHW hindurchführt. Dahinter befindet sich die Schleuse Fürstenberg:
Ein kurzer thematischer Abstecher zur unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Eisenbahnfähre Fürstenberg/Havel in km 59,4 der OHW. Die Fähre, die bis 1993 in Betrieb war, wurde an Land genommen und wird derzeit saniert. Während des 2. Weltkrieges diente die Fähre jenen Insassen des nahegelegenen KZ Ravensbrück, die in den Munitionfabriken südlich der Havel arbeiten mussten, als Überfuhrmöglichkeit über die Havel:
Bei OHW-km 55,0 biegen wir in die Lychener Gewässer ein, um die Stadt Lychen anzufahren. Kurz vor dem Lychener Stadtsee unterqueren wir die Trasse der ehemaligen, 1899 eröffneten Bahnlinie Templin - Fürstenberg. Der Güterverkehr wurde 1994 und der Personenverkehr wurde 1996 eingestellt. Seit 1996 werden die rd. 30 km zwischen Templin und Fürstenberg als Fahrrad-Draisinenbahn genutzt:
Foto: Jürgen Skop
Eine Draisine fährt über die Lychener Eisenbahnbrücke:
Foto: karsline
Wieder auf der OHW unterwegs, dauert es bis zum OHW-km 24,3, bis wir wieder auf eine Eisenbahnbrücke treffen und zwar auf die Brücke der Feldbahn des Ziegeleiparks Mildenberg. 1887 wurden im Zusammenhang mit dem Bau der Bahnlinie Löwenberg - Templin umfangreiche Tonvorkommen entdeckt, die dazu führten, dass sich das Gebiet zwischen Zehdenick und Mildenberg Anfang des 20. Jh. zum größten Ziegeleigebiet Europas entwickelte. Heute ist es ein Ziegeleipark und die Feldbahn führt die Besucher zu den verschiedenen ehemaligen Tongruben, die heute alle mit Grundwasser gefüllt sind:
Foto: Thomas Lohburg
Bei OHW-km 18,1 unterfahren wir die Eisenbahbrücke oberhalb von Zehdenick im Zuge der 1888 eröffneten Bahnlinie Löwenberg - Templin (- Prenzlau). 1945 wurde die Strecke als Reparationsleistung an die Sowjetunion abgebaut und acht Jahre später wiederaufgebaut. Im Jahr 2000 wurde der Abschnitt Templin - Prenzlau eingestellt. Zwischen Löwenberg - Templin ist DB Regio bis Ende 2014 mit der Betrebsführung beauftragt:
Bei Liebenwalde mündet die OHW in den Oder-Havel-Kanal ein, der Berlin mit der Oder und über die Oder mit Stettin verbindet. Erste Eisenbahnbrücke ist die sogenannte Klinkerbrücke (weil sie unmittelbar neben dem Klinkerhafen liegt) im Zuge eines nach dem Krieg gebauten eingleisigen Teilstückes des Berliner Güteraußenringes von Berlin-Karow über Basdorf und Schmachtenhagen nach Oranienburg. Zwischen Basdorf und Schmachtenhagen verkehren nur mehr an Wochenmarkttagen in Schmachtenhagen Personenzüge, der Verkehr im Abschnitt Schmachtenhagen über die Brücke nach Oranienburg ist eingestellt:
Weiter geht es am Freitag von Oranienburg über die Havel mit einem kurzen Abstecher auf die Spree bis Berlin Mitte und weiter über die Untere und Potsdamer Havel bis zum Schwielowsee.