[DE] Rastatt-Havarie und die Folgen

  • Rheintalstrecke lahmgelegt: Wenn nichts mehr geht


    Nichts geht zwischen Karlsruhe und Offenburg: Der Zugverkehr auf der Rheintalstrecke ist lahmgelegt. Bahnkunden brauchen deswegen starke Nerven - denn die Sperrung dauert bis zu zwei Wochen.


    Die Schäden im Bereich der Tunnelbaustelle in Rastatt sind offenbar größer als bislang angenommen. Auf der Webseite der Deutschen Bahn hieß es, dass die Rheintalstrecke vorerst gesperrt bleibt - möglicherweise bis zu zwei Wochen. "Das lässt sich derzeit noch nicht absehen", sagte ein Sprecher am Sonntag


    Am Samstagvormittag hatten sich durch "eine schwerwiegende technische Störung" bei den unterirdischen Tunnelbauarbeiten in Rastatt Gleise abgesenkt. Die Bahn arbeite intensiv daran, das Problem zu lösen, hieß es.


    Die Absenkung der Gleise ist deutlich zu erkennen. Unter ihnen wird am Rastatter Tunnel gebaut
    Fahrgäste müssten sich auf größere Einschränkungen einstellen und mehr Zeit einplanen, sagte der Sprecher weiter.
    Auf der etwa 20 Kilometer langen Strecke zwischen Rastatt und Baden-Baden sei ein Notverkehr mit Bussen eingerichtet worden. "Das läuft stabil, an den Bahnhöfen ist die Lage ruhig." Wie viele Züge oder Fahrgäste von der Sperrung betroffen sind, konnte der Sprecher am Sonntag nicht sagen.
    Ersatzverkehr mit Bussen
    Konkret ist nach Angaben von Bundespolizei und Bahn der Fern- und Nahverkehr Richtung Karlsruhe und Basel von der Störung betroffen. An den Bahnhöfen Karlsruhe, Baden-Baden und Offenburg sind zusätzliche Bahnmitarbeiter im Einsatz. Auch der französische Schnellzug TGV ist betroffen.
    Lange Warteschlangen und Beschwerden
    Reisende am Bahnhof Baden-Baden warten auf den Ersatzverkehr
    Am Samstag hatte die Störung auf der Bahnstrecke für Chaos gesorgt: Am Karlsruher Hauptbahnhof gab es unter anderem lange Warteschlangen, Bahnkunden klagten über fehlende Informationen. Tausende Reisende zwischen Karlsruhe und Offenburg versuchten mit Bussen weiterzukommen. Es sei aber nicht einfach gewesen, genügend Busse zur Verfügung zu stellen, erklärte ein Bahnsprecher.
    Wegen zahlreicher gestrandeter Fahrgäste stellte das Unternehmen in der Nacht zum Sonntag in Karlsruhe und Offenburg Hotelzüge bereit.
    Mehr Zeit einplanen: Die Deutsche Bahn empfiehlt Reisenden, sich an Zugbegleiter und Servicepersonal zu wenden, die zentrale Auskunftsnummer 01806/996633 anzurufen oder die aktuellen Verkehrsmeldungen auf der Website der Deutschen Bahn zu verfolgen. Auch die Live-Auskunft in der DB Navigator-App könne über die aktuelle Lage informieren, hieß es.
    Stand: 13.8.2017, 16.50 Uhr

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Umleitungsmöglichkeiten:


    • Aschaffenburg - Würzburg / Mannheim - Stuttgart - München - Kufstein (- Brennero/Brenner): jeweils 24 Trassen Richtung 1 und 2
    • Aschaffenburg - Würzburg / Mannheim - Stuttgart - München - Salzburg (- Tarvisio): jeweils 10 Trassen Richtung 1 und 2


    • Plochingen - Tübingen - Horb - Singen - Schaffhausen: 18 / 19 (Richtung 1 / Richtung 2)
    • Ulm - Friedrichshafen - Singen - Schaffhausen: 7 / 7
    • Rotterdam - Antwerpen - Metz - Basel: 40 / 40
    • Mannheim - Schifferstadt - Wörth - Lauterbourg - Strasbourg - Mulhouse - Basel: 18 / 18
    • Mannheim - Kaiserslautern - Forbach - Metz - Basel: 10 / 10



    Das sind schon einmal 255 mögliche tägliche Güterzugsumleitungstrassen. Jetzt müssen nur noch die EVU dafür passende Traktionsmittel und fahrberechtigtes Personal auftreiben.

  • Die DB fragt beim Land Baden-Württemberg an, ob eine Ausdünnung der Regionalverkehrs zur Kapazitätsteigerung für Umleitungsgüterzüge möglich wäre: http://www.eurailpress.de/news…tzen-regionalverkehr.html


    Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen fordert eine finanzielle Nothilfe für betroffene Eisenbahnunternehmen: http://www.eurailpress.de/news…er-betroffene-bahnen.html



    Am 15.08. gab es eine neuerliche Erdbewegung (es war wohl tatsächlich eine mangelhafte Vereisung). Nun soll der Tunnel auf 50 Meter komplett mit Beton gefüllt werden. Der Termin für die Wiedereröffnung mit 26.08.2017 ist nicht mehr zu halten. Die BLS Cargo leitet Güterzüge bereits über Frankreich um: http://www.eurailpress.de/news…r-als-prognostiziert.html

  • Die DB fragt beim Land Baden-Württemberg an, ob eine Ausdünnung der Regionalverkehrs zur Kapazitätsteigerung für Umleitungsgüterzüge möglich wäre: eurailpress.de/news/infrastruk…tzen-regionalverkehr.html

    Vom Umleiterverkehr über die eingleisige und nicht elektrifizierte Neckar-Alb-Bahn gibt es ein Video.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Sperrung Rastatt: Diskussionen um Güterverkehr-Umleitungen
    21. 08. 2017


    Der Güterbahnenverband Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) kritisiert fehlende Transparenz und Perspektiven noch sechs Tage nach dem Tunnel-Kollaps bei Rastatt.
    „Während die Zeit verrinnt und jeden Tag größere betriebs- und volkswirtschaftliche Schäden aufgetürmt werden, tappen die Betroffenen im Dunkeln“, kommentierte NEE-Vorstand Ludolf Kerkeling. Die bisherigen Umleitungen von Schienengüterverkehren hätten erst ein Niveau von etwa 10 % des normalen Volumens erreicht. NEE forderte den Verkehrsausschuss des Bundestages auf, sich mit den Ursachen und Folgen des Unfalls zu befassen. Das Verkehrsministerium in Stuttgart hat am 18.08.2017 rund 30 Bürgermeister und Landräte zum „Runden Tisch" geladen, um die Auswirkungen der Güterverkehr-Umleitungen zu besprechen. So fallen etwa die Regionalzüge Horb–Tübingen ab 21.08.2017 außerhalb der Hauptverkehrszeiten aus. In Frankreich sollen ab 23.08.2017 Güterzüge von CFL-Cargo mehrmals täglich zwischen Hausbergen (Straßburg) und Lauterbourg–Wörth pendeln. (as)

    Eurailpress

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Rheintalbahn Anfang Oktober wieder freigegeben

    Die für den Personen- und Güterverkehr wichtige Nord-Süd-Hauptstrecke Rheintalbahn in Deutschland soll voraussichtlich erst am 7. Oktober wieder freigegeben werden. Das teilten die Deutsche Bahn und die Arbeitsgemeinschaft Tunnel Rastatt heute in Karlsruhe mit. Damit müssen weiterhin bis zu 200 Güterzüge täglich sowie viele Fernverkehrszüge umgeleitet werden.
    Am 12. August hatte sich ein Betonsegment in der Tunnelröhre verschoben, die nur knapp fünf Meter unter den Gleisen der Rheintalbahn durchführt. Wasser und Erdreich drangen ein. Die Gleise darüber senkten sich ab. Die Bahn stoppte den Zugsverkehr. Wie es zu dem Schaden kommen konnte, ist weiter unklar.

    ORF

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Verkehrsexperte zur Sperrung der Rheintalbahn: Strecke aus dem Kalten Krieg als Alternative?


    Wegen der Sperrung der Rheintalbahn kommt es nach wie vor zu erheblichen Behinderungen. Matthias Lieb vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) spricht im SWR-Interview über die aktuelle Lage - und mögliche Lösungen.
    SWR Aktuell: Die Rheintalbahn ist zwischen Rastatt und Baden-Baden bereits seit zehn Tagen gesperrt. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage?

    Matthias Lieb: Man muss sagen, dass der Personenverkehr so einigermaßen funktioniert, wenngleich die Information für die Fahrgäste durchaus verbesserungswürdig ist. Beim Güterverkehr sieht es viel schlechter aus, weil es da keine vernünftige Umleitungsstrecke gibt. Da müssen die Güterzüge teilweise mehrere hundert Kilometer Umwege fahren auf Strecken, auf denen ebenfalls zum Teil Bauarbeiten stattfinden. Das heißt, die Güterverkehrsunternehmen haben hier enorme Mehrkosten und einen enormen zeitlichen Mehraufwand.
    Sehen Sie eine bessere Lösung?
    Es gab früher eine Bahnlinie, die direkt in Rastatt abzweigte und zehn Kilometer weiter über eine Brücke nach Frankreich führte. Sie ist inzwischen brachliegend, aber die Gleise liegen noch. Die Strecke wurde noch zu Zeiten des Kalten Krieges von der NATO mitfinanziert und so konstruiert, dass sie im Notfall binnen 24 Stunden bereit gemacht werden konnte. Man könnte jetzt im Prinzip auch versuchen, die Strecke innerhalb von 24 Stunden zu reaktivieren. Das wäre dann eine kurze Umleitungsstrecke für den Güterverkehr von Rastatt nach Straßburg und wieder zurück nach Kehl und Offenburg.


    Warum wurde das nicht bereits so versucht?
    Dazu müsste man zuerst die Strecke wieder herrichten, es wären viele verschiedene Akteure beteiligt und da meint man wahrscheinlich, das wäre zu aufwändig. Das ist sicherlich richtig, dass es sehr aufwändig wäre, aber je länger sich das hinzieht, desto stärker sollte man sich diese Option ansehen.
    Gäbe es nicht auch die Möglichkeit, den Verkehr über französische Strecken umzuleiten, die man nicht extra reaktivieren müsste?
    Natürlich gibt es im Rheintal nördlich von Straßburg zwei Strecken, die nach Deutschland führen. Das ist einmal die Strecke von Straßburg nach Lauterbourg und weiter nach Wörth und zum anderen die Strecke von Straßburg nach Wissembourg und weiter nach Winden. Das sind beides nur Dieselstrecken. Sie sind also nicht elektrifiziert und sie schließen in Deutschland an Strecken an, die nur eingleisig sind, wodurch natürlich die Durchlassfähigkeit begrenzt ist. Aber zumindest einige Züge könnte man durchbekommen, möglicherweise müsste man dafür dann aber Personenzüge ausfallen lassen.
    Wäre es im Hinblick auf die technischen Standards überhaupt ohne Weiteres möglich, Züge über französische Strecken umzuleiten?
    Es gibt in Frankreich ein anderes Zugsicherungssystem, das die deutschen Lokomotiven typischerweise nicht haben, so dass man dort französische Loks einsetzen müsste. Außerdem gibt es dort in den Bereichen, die elektrifiziert sind, ein anderes Stromsystem als bei uns. Das macht den grenzüberschreitenden Verkehr leider sehr aufwändig. Im Rheintal fahren viele private Bahnunternehmen, die auch nur wenige Loks haben. Diese bräuchten in Frankreich von der französischen Staatsbahn Lokomotiven gestellt, damit sie dort fahren könnten.


    Warum sind die technischen Standards in Frankreich und Deutschland so verschieden?


    Sie haben sich im Lauf der Jahrzehnte so entwickelt. Früher sah der grenzüberschreitende Verkehr so aus, dass an der Grenze die Lokomotiven und das Personal ausgewechselt wurden. Da waren die Unterschiede nicht das große Problem. Heute will man die Züge durchgehend fahren lassen und stellt fest, dass das nicht geht.
    Gibt es keine Bestrebungen zu einer Vereinheitlichung?
    Die EU hatte eigentlich schon vor 20 Jahren ein europäisches Zugsicherungssystem vorgeschlagen, das auch eingeführt werden sollte. Das kommt allerdings nur sehr langsam voran. Die Schweiz ist da schon relativ weit, auf den Neubaustrecken in Frankreich wird es jetzt auch umgesetzt. In Deutschland wird es auf der Strecke Halle, Erfurt und weiter nach Nürnberg in Betrieb gehen. Aber auf den Hauptachsen, auf denen heute die meisten Güterzüge fahren, ist es in Deutschland eben noch nicht umgesetzt. Es würde noch einige Milliarden kosten, damit es umgesetzt werden kann. Da ist also Deutschland sehr stark im Verzug.

    www.swr.de


    PS.: Sollte auf der Westbahn zwischen dem Knoten Rohr und Amstetten an einer Stelle, wo Bestandsstrecke und HG-Strecke parallel verlaufen, z. B. zwischen Pöchlarn und Krummnußbaum oder im Raum Ybbs, eine mehrwöchige Unterbrechung auftreten,dann hätte man das gleiche Problem, obwohl quasi einen Steinwurf entfernt noch immer die ungenutzten Gleise der Donauuferbahn liegen. Im Zuge der über zwei Tage dauernden Unterbrechung der Westbahn nach dem Unfall von Melk im Jahr 1993 wurden ca. 100 Züge über die Donauuferbahn umgleitet. Im Jahr 2017 oder später könnte man im Ernstfall dieser Möglichkeit einer Umleitung nur nachtrauern.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Dass die Aufgabe der Donauuferbahn ein strategischer Fehler war, wurde hier eh schon öfters thematisiert, zum Beispiel nach dem Brückenlehrgerüsteinsturz in Frohnleiten.


    Dennoch richtig, es zu wiederholen.

  • Im Zuge der über zwei Tage dauernden Unterbrechung der Westbahn nach dem Unfall von Melk im Jahr 1993 wurden ca. 100 Züge über die Donauuferbahn umgleitet.

    Im Fernverkehr entlang der Donau war schon ein Erlebnis. Aufgrund meiner jungen Jahre ist die Erinnerung aber nur mehr bedingt vorhanden.

  • Es gab früher eine Bahnlinie, die direkt in Rastatt abzweigte und zehn Kilometer weiter über eine Brücke nach Frankreich führte. Sie ist inzwischen brachliegend, aber die Gleise liegen noch. Die Strecke wurde noch zu Zeiten des Kalten Krieges von der NATO mitfinanziert und so konstruiert, dass sie im Notfall binnen 24 Stunden bereit gemacht werden konnte. Man könnte jetzt im Prinzip auch versuchen, die Strecke innerhalb von 24 Stunden zu reaktivieren. Das wäre dann eine kurze Umleitungsstrecke für den Güterverkehr von Rastatt nach Straßburg und wieder zurück nach Kehl und Offenburg.

    Sofern Wikipedia recht hat, waren es 48 Stunden. Weiters wurde sie seit 1998 nicht mehr erhalten und ist mittlerweile wegen dem alten Teil auch auf ein Straßenfahrzeuggewicht von 7,5 Tonnen beschränkt. Auch ist die zweigleisige Brücke auf deutscher Seite nur eingleisig und auf der französischen Seite gar nicht mehr angeschlossen (geschätzt 100 Meter fehlen, oder sind zuasphaltiert). Das wird nichts mit 24 noch mit 48 Stunden.


    Ist dies ein Pendant zum Verkehrsexperten der WU Wien?

    Einmal editiert, zuletzt von KFNB X ()

  • Zitat

    Die beschädigte Tunnelröhre ist inzwischen stabilisiert. Dafür wurde hinter dem Tunnelbohrer ein Pfropfen aus Beton in die Röhre eingebracht, um den rund 4.000 Meter langen intakten Tunnel von der Schadensstelle zu trennen. Der Teil bis zum Schneidrad der Bohrmaschine wird mit Beton verfüllt.
    Als nächster Schritt sollen Gleise, Schotter sowie der Gleisunterbau im Bereich der Schadensstelle abgebaut werden.


    Anschließend wird in dem Bereich die lastverteilende Betonplatte in den Boden eingebracht, die den beschädigten Tunnelteil und den Baugrund stabilisiert. Auf die Platte werden nach deren Fertigstellung und vollständigen Aushärtung des Betons die Gleise wieder aufgebaut.

    Quelle: elektrolok.de Stand 23.08.2017: https://web.archive.org/web/20…ektrolok.de/news/news.php


    Wenn man die Tunnelbohrmaschine komplett mit Beton verfüllt hat, wie bekommt man sie dann raus?