150 Jahre Laaer Ostbahn

  • Wichtig für Region: Ostbahn feiert 150. Geburtstag


    Ein Bericht aus der NÖN


    Seit 1870 rollen auf der Ostbahn die Züge. Für Wolkersdorf bedeutete die Bahn einen großen Aufschwung und auch heute ist sie in der Region Diskussionsthema.


    Das 100-Jahr-Jubiläum der Ostbahn war bereits ein großes Ereignis. Wie die Feiern zum 150-jährigen Jubiläum ausfallen werden, wird nicht zuletzt von der Corona-Krise abhängen.


    Als im November 1870 die ersten Dampfeisenbahnen auf der Laaer Ostbahn durch Wolkersdorf rollten, waren damit die „Schienen des Fortschrittes“ für die Stadtgemeinde gelegt. Diese Worte nutzt der Wolkersdorfer Historiker Stefan Eminger in seinem Buch „Lebenswelten Großgemeinde Wolkersdorf“, um die Impulse, welche von der Zuganbindung ausgingen, zu beschreiben.


    „Der Eisenbahnanschluss brachte die ‚neue‘ Welt in den alten Marktort und stimulierte Veränderungen“, schreibt Eminger. Wolkersdorf hatte damals eine Einwohnerzahl von knapp 1.500 und war damit so groß wie Großengersdorf oder Bockfließ zu jener Zeit.


    Mit der Ostbahn hielten allerdings neue Regeln und Wertehaltungen Einzug in den Ort, Verhaltens- und Bewertungsmaßstäbe wurden dadurch infrage gestellt, so Eminger in seinem Buch. In den folgenden Jahrzehnten stieg die Einwohnerzahl Wolkersdorfs stark an, sodass vor dem Ersten Weltkrieg die Zahl von 2.500 bereits überschritten war.


    „Ursprünglich wurde die Trasse bereits für zwei Gleise ausgelegt.“Herbert Kraus, Toptothek Wolkersdorf


    Eminger nennt vier Entwicklungsströme, welche den Einfluss der Ostbahn aufzeigen: Das Bevölkerungswachstum in Wolkersdorf, Veränderungen der Bevölkerungsstruktur, die Bildung neuer Strukturen in der Wirtschaft sowie das Entstehen einer Tourismuswirtschaft und der Einzug der Parteipolitik in die Stadtgemeinde.


    „In Wolkersdorf wurden Theater gespielt, Konzerte veranstaltet, Feste gefeiert u.v.m.. Bis zu 600 Personen verbrachten den Sommer als ‚Sommerfrischler‘ in Wolkersdorf. Entlang der Bahnstrecke wurden Gasthäuser und Cafés eröffnet“, erzählt auch Topothekar Herbert Kraus.


    Kraus war selbst fast 25 Jahre lang Lokführer für die Weinviertler Lokalbahnen sowie die Schnellbahn und kennt die Ostbahn aus dem Führerstand einer Lokomotive. Heute betreibt er die Wolkersdorfer Topothek, in diesem Online-Archiv sind zahlreiche historische Dokumente über und aus Wolkersdorf zu finden.


    Im Herbst möchte Kraus zum Anlass des 150-Jahr-Jubiläums der Ostbahn einen Vortrag veranstalten. Wie groß die allgemeinen Feierlichkeiten zum Jubiläum ausfallen werden, wird nicht zuletzt die Corona-Krise mit beeinflussen.


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    Zu diesem Artikel gibt es auch einen lesenswerten Kommentar von Michael Pfabigan:
    https://www.noen.at/mistelbach…l-laaer-ostbahn-203218938

  • Die Feierlichkeiten wurden leider Opfer von Covid-19...
    Die NÖN berichtet: https://www.noen.at/mistelbach…jubilaeum-print-234025446


    150 Jahre Ostbahn: Geburtstag ohne Geschenk
    Feier gibt es in Wolkersdorf keine, Herbert Kraus erzählt dafür von den alten Bahnerlebnissen.


    Von Christoph Szeker. Erstellt am 20. November 2020 (04:19)

    Herbert Kraus ist Lokführer im Ruhestand, noch bevor er im Führerstand der Züge platz nahm, fuhr er als Schüler viele Jahr von Ulrichskirchen nach Wien. Er erinnert sich an viele amüsante Geschichten, das 150-jährige Jubiläum der Ostbahn ist für ihn besondere Bedeutung.
    Szeker


    Vor 150 Jahren, am 24. November 1870, fuhr erstmals ein Zug über die stählernen Gleise der Ostbahn. „Für mich ist es großartig, dass man in der Monarchie von Wolkersdorf nach Prag reisen konnte“, kommentiert der Wolkersdorfer Herbert Kraus das große Ereignis. Er war selbst 25 Jahre lang Lokführer bei den ÖBB und von 1978 bis 1984 auf den Lokalbahnen in Mistelbach und des Weinviertels unterwegs.


    Für ihn ist das 150-jährige Jubiläum der Ostbahn ein Ereignis, welches mit vielen lebhaften persönlichen Erfahrungen verbunden ist. Eine Szene aus Herbert Kraus jungen Jahren soll dies verdeutlichen: Schauplatz ist der Zug um 6 Uhr ab Ulrichskirchen: viele Arbeiter und Eisenbahner saßen darin. „Da ging es bereits hoch her. Mindestens zwei Partien spielten Tarock über den Gang hinweg“, erinnert sich Kraus.


    Die Gepflogenheiten in den öffentlichen Verkehrsmitteln waren damals noch andere. Vermutlich weil das Bahnfahren zu jener Zeit noch mehr Zusammentreffen mit anderen Menschen war, anstatt nur notwendige Fahrt von Haltestelle zu Haltestelle. Heute sagt man, es war eine weniger flexible Zeit. Doch sind es nicht die Gewohnheiten, wie jene, die Herbert Kraus in Zügen der Ostbahn beobachtete, welche die Kultur des Weinviertels erlebbar machen?


    Als Kraus sich im Alter von 15 Jahren im Zug auf dem Weg zur Schule in Wien auf einen freien Platz setzte, gelang ihm das nur bis zur nächsten Haltestelle: Mit den Worten „Burli marschier, do sitz i schon seit 30 Joan“, wurde Kraus vom gewohnheitsrechtlichen Eigentümer des Platzes verwiesen.


    Als charakteristisch weinviertlerisch kann auch die folgende Szene betrachtet werden: In Hautzendorf beobachtete Kraus einen Mann, der täglich mit Rucksack zustieg, Was sich darin befand konnte schnell aufgeklärt werden – es wahren mehrere Doppler Wein. „Sehr oft wurde der erste bereits im Zug geöffnet, manchmal gab’s dazu auch Brot und Speck“, erzählt der Ex-Lokführer.


    Die lebhafte Geschichte der Laaer Ostbahn hat Kraus, ergänzend zu seinen persönlichen Erinnerungen, im Online-Archiv Topothek mit vielen historisch wertvollen Dokumenten festgehalten. Manche davon berichten über wenig bekannte Ereignisse: Das Neue Wiener Tagblatt vom 10. Mai 1901 berichtet von einem toten Fahrgast im Zug: „Als gestern dreiviertel Elf Uhr nachts der Schnellzug der österreichisch-ungarischen Staatseisenbahn-Gesellschaft hier anlegte, fand man in einem Coupé zweiter Klasse einen Reisenden als Leiche vor“, schrieb die Zeitung. In der jüngeren Geschichte war es nicht ein Toter, welcher der Bahn große Aufmerksamkeit zuteil werden ließ, aber dennoch ein drastischer Vorfall.


    Im November 2018 ist nämlich ein Güterzug auf der Strecke entgleist, zwei Monate war sie gesperrt. Zum Leidwesen der Pendler, welche die Züge der Ostbahn täglich nutzen, um nach Wien zu kommen. Einer von ihnen ist Karl Mechtler, Betreiber der Ladendorfer Pendlerinitiative: „Zwei Monate Streckensperre sind viel zu lang“, ärgerte er sich nach der Entgleisung des Güterzuges. Mechtler ist Verfechter eines zweigleisigen Ausbaus der Linie, wie auch Herbert Kraus.


    Ob der Wunsch des Streckenausbaus je Realität wird, ist nach wie vor ungewiss. Im ÖBB-Rahmenplan 2021-26 ist ein derartiges Projekt jedenfalls nicht vorgesehen. Das Geschenk eines zusätzlichen Gleiskörpers zum 150. Geburtstag der Ostbahn bleibt somit aus. Ursprünglich geplant war es allerdings schon vor 150 Jahren, denn die Ostbahn sollte durchgehend zweigleisig erbaut werden.


    Die gesellschaftliche Situation um die Bahn ist heute freilich eine andere als noch im 19. Jahrhundert: Damals stand die Bahn in Konkurrenz zum langsamen Beförderungsmittel Pferdefuhrwerk, heute ist es das Auto, welches eine Alternative zur Bahnfahrt darstellt. Ökonomisch sinnvoll genutzt wird das Auto natürlich nicht, denn es steht die meiste Zeit auf einem Parkplatz.


    Verändert hat sich in eineinhalb Jahrhunderten auch das Denken über Klima und Umwelt: Der Klimaschutz durch Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen wurde zum großen politischen Ziel auserkoren. Wenn es nicht die Rufe der Pendler sind, so womöglich die politischen Ziele, die schlussendlich doch noch den zweiten Gleiskörper Realität werden lassen.