[Asien/Europa] Die neue Seidenstraße - Alles über den Schienen-Containerverkehr zwischen Fernost und Abendland

  • Die Idee zur Verlängerung der Breitspurbahn nach Österreich ist schon zwölf Jahre alt. War aber durch zehn Jahre in diversen Schubladen verborgen:
    ORF, 19.3.2007: IV wünscht sich Schnellverbindung.
    Erst der mittlerweile zurückgetretene Verkehrsminister hat die Idee im Jahr 2017 wiederbelebt.
    Daher auch dieser Thread in diesem Forum.


    Vor einigen Tagen schrieb dr. bahnsinn:

    Bereits mehr als 200 Containerzüge pro Woche zwischen China und Hamburg

    Die dort in einer Antwort geäußerten Bedenken meinerseits will ich hier nochmals präzisieren:

    • In Deutschland gibt es demnach schon regen Bahn-Güter-Verkehr mit China.
      Dort braucht man aber offenbar keine Breitspurbahn quer durch Polen bis Hamburg.
    • Die Zahl von 4.500 oder 3.500 Beschäftigten bei einem Breitspur-Terminal, verbunden mit hoher Wertschöpfung, erscheint mir nicht glaubwürdig:
    • Der Spurwechsel soll relativ einfach sein (Russland aktuell, 10.9.2003).
      Auch Stadler liefert Umspur-Anlagen (Stadler, 11.6.2018).
    • Umladen von Breitspur- auf Normalspur-Waggons erfordert zwar mehr Aufwand, aber kaum eine solche Zahl an Beschäftigten.
    • Auf welche Transportmittel und -Wege soll umgeladen werden?
      Bahn: ok.
      LKW: ist das gewünscht? Haben wir nicht schon genug (auch ausländische) LKW-Fahrten auf Österreichs Autobahnen?
      War nicht der Güterterminal Wien-Süd dazu gedacht, den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen?
      Schiff: Für mich nicht vorstellbar, im Raum Wien Waren von der Bahn auf Schiffe zu verladen für den Weitertransport in den Westen.
      Der Schiffstransport stromaufwärts ist viel zu langsam.
    • Für den Bau einer auch von den ÖBB angedachten Schnellverbindung vom Flughafen Wien in Richtung Bratislava und Budapest könnten wohl EU-Fördergelder erlangt werden, da diese Strecke zu den Trans-Europäischen-Netzen (TEN) gehört.
    • Der Bau einer Breitspurbahn in den Raum Wien, mit der der Waren-Import aus China rascher erfolgen soll, läuft sicher gegen die Interessen der EU.
      Daher sind wohl keine EU-Fördergelder zu erwarten.

    Dazu kommt die breite Ablehnung aus vielen Orten an der betroffenen Strecke. Ebenso aus dem Ausland.
    Sorry, aber mir fehlt aus mehreren Gründen das Verständnis für diese Pläne.

  • Bin gespannt, ob zumindest das Thema Breitspurbahn im nächsten (Bundes-) Regierungsprogramm noch auftauchen wird, oder ob es dann hoffentlich endlich beerdigt wird.

    Das hängt davon ab, ob die Blauen wider Erwarten doch in die Regierung kommen. Wenn ja, dann wird auch die Breitspurbahn wieder im Regierungsprogramm auftauchen. Das sind die Blauen ihren russischen Freunden schuldig.

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Breitspurbahn: Land NÖ lehnt Mega-Projekt ab


    VP-Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko kündigte am Mittwoch den Widerstand des Landes Niederösterreich gegen das umstrittene Breitspurbahn-Projekt an.


    Von Otto Havelka. Erstellt am 23. Oktober 2019 (12:59)
    Nein zur Breitspurbahn: VP-Bezirksparteiobmann und Bürgermeister in Wolfsthal, Gerhard Schödinger, VP-Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko und Landesverkehrsplaner Werner Pracherstorfer. Foto: Havelka


    Um den Warentransport von China nach Europa effizienter zu gestalten, soll die in Europa unübliche Breitspurbahn in den Raum Wien verlängert werden und hier mit einem neuen Terminal ein Umschlagzentrum für den Weitertransport der Waren in Europa errichtet werden. Rund 150 Hektar würden für das Terminal benötigt, noch einmal so viel für ein Logistikzentrum. In einer Ende September vorgelegten ÖBB-Studie werden dafür fünf Standorte genannt drei im Bezirk Bruck/Leitha, zwei im Burgenland.
    Die 33 Bürgermeister des Bezirks Bruck haben sich einhellig gegen das Projekt ausgesprochen und erhalten nun Unterstützung vom Land. "Der Standpunkt der Gemeinden ist essenziell. Man dar die Region nicht überfordern2, erklärte VP-Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko Mittwoch Vormittag bei einer Pressekonferenz in der Bezirkshauptmannschaft Bruck.
    Eine Realisierung des Projekts würde laut Schleritzko täglich 730 Lkw-Fahrten und 56 Güterzüge mehr für die Region bedeuten. Daher werden man in Abstimmung mit den Gemeinden gegen das Projekt intervenieren und bis zur vorgegeben Frist am 12. November eine entsprechende Stellungnahme beim Verkehrsministerium abgeben.
    Darüber hinaus habe sich auch die EU schon vor Längerem ablehnend zu dem Projekt geäußert. "Und Niederösterreich unterstützt sicher kein Projekt, gegen das die EU ist", erklärte Schleritzko. Die Entscheidung, ob das Projekt weiter verfolgt wird, liegt zwar bei der künftigen Bundesregierung, aber "wir werden auch auf diese einwirken", versprach Schleritzko.

    NÖN

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Obige Titelzeile ist kein verfrühter Faschingsscherz! Siehe den Vorschlag des Chefs der NÖ Industriellenvereinigung, Thomas Salzer, im Bericht weiter unten:

    Es hagelt Kritik: Totale Verwirrung um Breitspurbahn
    25.10.2019 15:20


    Seit Jahren sind Vertreter der Wirtschaft vom Prestige-Vorhaben der Breitspurbahn von und nach China überzeugt. Immerhin soll das Projekt samt Mega-Terminal bis zu 15 Milliarden Euro in die Region spülen. Nach der Absage von Land und Bürgermeistern für einen Standort im Osten wird deshalb weiter überlegt.
    „Ein Finanzlandesrat, der 15 Milliarden Euro Wertschöpfung liegen lässt, und eine Landeshauptfrau, die China-Reisen macht und trotzdem keinen Mehrwert im Breitspurbahn-Projekt sieht. Da kann man nur den Kopf schütteln“, wettern aktuell die heimischen Wirtschaftskapitäne - teils nicht nur hinter vorgehaltener Hand. Denn die Vorgeschichte zur Breitspurbahn-Absage bietet einigen Zündstoff für politische Diskussionen. Offenbar Im Zuge des anstehenden Gemeinderatswahlkampfs wurde von Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (VP) verkündet, dass der Osten von Niederösterreich nicht für ein „Monsterprojekt“ zur Verfügung stehe - die „Krone“ berichtete. Ob sich diese Region aber eine Abfuhr auch wirtschaftlich leisten kann, wurde von Schleritzko, der gleichzeitig Finanzlandesrat ist, nicht beantwortet - immerhin geht es auch um eine gewaltige Chance für die zukünftige Entwicklung des Standortes. Stichwort: 15 Milliarden Euro über 46 Jahre Laufzeit!
    Während jedoch im ebenfalls betroffenen Burgenland Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SP) für seine Breitspur-Absage viel Kritik von der Wirtschaftskammer einstecken musste, bleibt die heimische „Stimme der Konjunktur“ Sonja Zwazl eher schweigsam. Anders hingegen Industriellen-Chef Thomas Salzer: „Der Osten Niederösterreichs ist ein Tor in die Welt, wir sollten diese Chance unbedingt nutzen“, erklärt der Wirtschaftsmagnat. Salzer will sich von einem „Nein“ nicht abhalten lassen und lässt mit einem Vorschlag aufhorchen - der wohl neuerlich für Zündstoff in der Breitspur-Debatte sorgen wird:
    der Truppenübungsplatz Allenstein*) im Bezirk Zwettl als Endstation samt Güterumschlagplatz. „Hier gibt es wenig Anrainer und das Gelände könnte so besser genutzt werden“, sagt Salzer. Ob diese Möglichkeit auch wirklich relevant ist, müssten jedoch Experten klären.
    Josef Poyer, www.krone.at

    *) Hinweis für westbahn: Hier ist ein Fehler passiert! Oder haben Salzer bzw. die Krone Allentsteig mit Allenstein/Olsztyn in den Masuren verwechselt? :D

    PS.: Einen fachlichen Kommentar zum Salzer-Vorschlag erspare ich mir. Oder soll dieser womöglich sogar im Zusammenhang mit der geplanten Waldviertelautobahn/Europaspange stehen?


    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Die Antwort aus dem Waldviertel ließ nicht lange auf sich warten:

    Breitspurbahn bis Allentsteig?


    Nachdem Landesrat Ludwig Schleritzko Pläne für Niederösterreich verworfen hat, sorgt jetzt ein Sager für Diskussionsstoff.


    Von Markus Füxl. Erstellt am 25. Oktober 2019 (16:01)
    Der Breitspur-Terminal sorgt auch im Waldviertel für Diskussionen. Foto: ÖBB/David Payr


    Um den Warentransport von China nach Europa effizienter zu gestalten, soll die in Europa unübliche Breitspurbahn in den Raum Wien verlängert werden und mit einem neuen Terminal ein Umschlagzentrum für den Weitertransport der Waren in Europa errichtet werden. Aktuell endet das Netz im slowakischen Kosice. VP-Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko erteilte dem Projekt vor kurzem eine Absage, die NÖN berichtete.
    Für Aufsehen sorgt jetzt ein Sager von Thomas Salzer, Präsident der Industriellenvereinigung in Niederösterreich. In der Krone vom 25. Oktober schlägt er vor, eine Endstation samt Güterumschlagplatz am Truppenübungsplatz Allentsteig zu errichten. Als Grund führt er wenige Anrainer und eine bessere Nutzung des Geländes an, wird er in der Krone zitiert.
    TÜPl-Pressesprecher Dietmar Butschell bezeichnet im Gespräch mit der NÖN die Idee als „Alibaba-Verteilungszentrum“ (Alibaba ist ein chinesischer Online-Marktplatz, Anm.) und kann sich das nicht vorstellen: „Mit unseren Übungen und den schwierigen Holzarbeiten im blindgängergefährdeten Raum ist das nicht machbar.“ Möglich sei ein solches Projekt nur am Rand des TÜPl, „aber auch da weiß ich nicht, wie das funktionieren soll.“ Er hörte am Freitagvormittag zum ersten Mal von der Idee: „Ich stelle mir das wie einen Industriehafen mit zig Terminals vor – wie soll das bei uns gehen?“, fragt er.
    Der Allentsteiger und FPÖ-Nationalratsabgeordnete Alois Kainz sagt zum Sager von Salzer verschmitzt: „Vorstellen kann man sich alles, wenn man genug Fantasie hat. Ob das aber Sinn macht, wage ich zu bezweifeln.“ Vor allem durch die militärische Nutzung halte er den TÜPl als nicht geeignet für einen Ausbau der Breitspurbahn.
    Auch der Allentsteiger Bürgermeister Jürgen Koppensteiner erfuhr per WhatsApp am Freitagmorgen vom Sager des IV-Präsidenten. Er könne das Projekt „zum aktuellen Wissensstand nicht beurteilen“.

    NÖN

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Bei der Kampfmittelbelastung schau ich mir an wie mehrere km2 von Minenräumern gesäubert werden. Dort fährt ja net amal die Feuerwehr rein, wenn man mit Leuchtspurmuntition den Wald anzündet...


    Und dann gebs da noch ein Problem...

    Aufgrund seiner isolierten Lage ist der Truppenübungsplatz Allentsteig auch ein in Europa einzigartiges Naturgebiet mit seltener Fauna und Flora.

    ... warum nicht eigentlich gleich in den TÜPl Bruckneudorf, der wär in Randlagen auch ungefähr so hügelig wie in Allentsteig; aber dann könnt sich ja der Parndorfer Bürgermeister wieder aufregen. Warum überhaupt in einen Truppenübungsplatz? Weil sich das Bundesheer net wehren kann?

  • Für Aufsehen sorgt jetzt ein Sager von Thomas Salzer, Präsident der Industriellenvereinigung in Niederösterreich: Breitspurbahn bis Allentsteig?

    Sorry, dieser "Sager" ist mir unbegreiflich.
    Abgesehen von der Sinnlosigkeit der Breitspurbahn in Österreich, wie schon vielfach in diesem Thread behandelt, kann ich mir nicht vorstellen, wie dort in dem Gebeiet ein Breitspur-Terminal einen Sinn ergeben könnte. Das hat ja auch der TÜPl-Pressesprecher (laut NÖN-Pressemedung) entsprechend zweifelnd beantwortet.


    Dieser Sager kann nur aus der verzweifelten Suche nach wirtschaftlichen Belebungsmaßnahmen für das Waldviertel entstanden sein.


    Zum Thema Blindgänger-Belastung meldete dieser Tage der ORF NÖ: "Allentsteig: Blindgänger erschweren Rodung".
    Wo gibt es dort die Infrastruktur an (Normalspur-) Bahn- und Straßen? Das Horror-Ding Waldviertelautobahn?
    Wie sollte die Verladung auf Donau-Schiffe erfolgen, wie im ursprünglichen Konzept vorgesehen??? (dürfte so und so sinnlos sein)


    Sorry, man verliert geradezu die Lust, zu diesem absurden Theater noch das Hirn anzustrengen.


    warum nicht eigentlich gleich in den TÜPl Bruckneudorf

    Der wäre ja in der Nähe von Parndorf, nicht weit vom Bahnhof Bruck an der Leitha etc.
    Vom Gelände her käme da auch nur etwa das Gebiet um den Bahnhof Bruck/Leitha in Betracht.
    Angesichts der Widerstände aus NÖ, Burgenland und im speziellen Parndorf, kann ich mir das nicht vorstellen.

  • Stand: 12.11.2019 17:00 Uhr
    MV bekommt Anschluss an "Neue Seidenstraße"

    Der erste Güterzug aus China hat am Dienstag den Hafen Sassnitz-Mukran auf Rügen erreicht.


    Der Hafen Sassnitz-Mukran auf Rügen soll zu einem Drehkreuz für den Schienengüterverkehr von und nach China werden. Mecklenburg-Vorpommern bekommt damit Anschluss an die "Neue Seidenstraße". Auf Initiative Pekings soll sie Asien und Europa verbinden. Am Dienstag hat der erste Güterzug aus China Mukran erreicht.
    Zug aus China ist seit Anfang des Monats unterwgs
    Der Zug war Anfang November im zentralchinesischen Xi‘an gestartet. Er legte die letzte Etappe nach rund 10.000 Schienenkilometern aus dem russischen Baltysk über die Ostsee auf einer Eisenbahnfähre zurück. Von Mukran aus sollen die Containerwaggons mit Konsum- und Industriegütern dann weiter nach Hamburg rollen.
    Pegel: Ostseehäfen profitieren von neuer Verbindung
    Landesverkehrsminister Christian Pegel (SPD) feierte die Eröffnung der Linie mit Vertretern aus Russland und China. Er sieht in dem Zug "ein erstes sichtbares Ergebnis" langjähriger Bemühungen. Vor allem für die Ostseehäfen gebe es erhebliche Wachstumspotenziale durch die neuen Handelswege.
    Kritiker bemängeln wachsenden Einfluss Chinas
    Wegen des wachsenden Einflusses Chinas ist das Projekt politisch und ökonomisch heftig umstritten. Pegel hält dagegen, dass die Warenströme zwischen China und Westeuropa seit Jahrzehnten unterwegs und gewachsen seien. Bislang laufe der Handel aber vor allem über Containerschiffe und dauere damit lang. Es würden also keine neuen Märkte geöffnet, die es bislang nicht schon gegeben habe, sie würden nur schneller.
    Breitspur-Schienennetz kommt noch aus DDR-Zeiten
    Mukran verfügt als einziger deutscher Hafen über einen Gleisanschluss für das Breitspur-Schienennetz, wie es in Russland, Finnland und dem Baltikum üblich ist. Er war noch von der DDR für den Fährverkehr nach Klaipeda im damals zur UdSSR gehörenden Litauen errichtet worden. Hintergrund waren Liberalisierungsbestrebungen in Polen. Die DDR und die UdSSR wollten eine landunabhängige, sichere Verbindung schaffen, um Waren und Militärtechnik transportieren zu können. 2012 war eine neue Eisenbahn-Fährverbindung nach Ust-Luga bei St. Petersburg eröffnet worden, die aber - auch wegen der 2014 verhängten Handelssanktionen infolge des Ukraine-Konflikts - wegen mangelnder Fracht hinter den Erwartungen zurückblieb.

    www.ndr.de

    dr. bahnsinn - der Forendoktor

  • Zitat

    Eine von der TU Wien ausgehende Initiative "Europe goes Silkroad" will Begeisterung für dieses Projekt wecken.


    Sorry, der - zugegeben auch bei mir anfänglich vorhandenen - Begeisterung kann ich nichts mehr abgewinnen.

    Dass es von der TU Wien ausgeht, hat mich doch gewundert. Nach der Homepage sind es mehrere Co-Founder, einer davon ist Univ.-Assistent auf der TU Wien, Bauingenieurwesen. Mehr konnte ich nicht aus der Richtung finden.