Stromausfall oder Blackout - eine Diskussion

  • 17.01.2023, 18:00

    E-Autos könnten künftig einen großen Beitrag zur Stabilität von Stromnetzen leisten. Das geht aus einer am Dienstag in der britischen Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichten Studie hervor. Demnach könnte die Speicherkapazität der gesamten E-Autoflotte helfen, Verbrauchsspitzen auszugleichen.


    Mehr dazu auf https://www.stern.de/


    Richtig!

    Selbst die kleine Anzahl an eAutos (aktuell ca 1% des Bestandes in Deutschland) könnte schon die Kapazität für eine Stunde Strom in Deutschland zur Verfügung stellen.

  • 17.01.2023, 18:00

    E-Autos könnten künftig einen großen Beitrag zur Stabilität von Stromnetzen leisten.

    In dem Artikel (übrigens direkt von der Französischen Presseagentur übernommen) ist primär die Rede von der "V2G (vehicle to grid)"-Technologie, mit dem Beisatz "die derzeit entwickelt wird". Zudem verweist der Artikel auf eine Studie im Magazin Nature.


    Also habe ich mir die besagte Studie einmal durchgelesen. Fazit: In der Studie geht es nicht um die oben genannte V2G-Technologie sondern alleine darum, wie viel Speicherkapazität E-Autos in Abhängigkeit zur Partizipationsrate beitragen könnten. In einem zweiten Szenario wird angenommen, dass alte Batterien ab ca. 80% der Originalkapazität als stationäre Speicher verwendet werden könnten.

    Was die Studie nicht beleuchtet: Praktische Umsetzung in Bezug auf Füllstand der Batterie, Uhrzeit, vorhandene Lade- und vor allem Entladeinfrastruktur, Netzintegration, Wirtschaftlichkeit (Leute machen das sicher nicht gratis), uvm.


    Zum Studienautor Chengjian Xu: Der ist PhD-Student an der Universität Leiden und hat Umweltingenieurwissenschaften sowie Batterierecycling studiert. Die vorliegende Studie kommt also aus dem Lifecylce Management und nicht von der elektrotechnischen Seite, was sie in einem Recycling Kontext relevant macht, diese Diskussion aber nur streift.


    Zusammengefasst: Die Studie berechnet die theoretische Verfügbarkeit von Speicherkapazitäten durch E-Autos, lässt aber alle anderen Parameter außer Acht.


    Richtig!

    Selbst die kleine Anzahl an eAutos (aktuell ca 1% des Bestandes in Deutschland) könnte schon die Kapazität für eine Stunde Strom in Deutschland zur Verfügung stellen.

    Quelle? Keine. Also rechnen wir einmal nach:


    Anzahl zugelassener E-Autos in Deutschland 10.2022: 840 645

    Durchschnittliche Batteriegröße ist aus der Liste schwer zu entnehmen, nehmen wir die Oberkante und rechnen mit: 60 KWh

    Derzeitiger Stromverbrauch Deutschland 12 Uhr: 68,803 GW


    840 645 * 60 = 50 438 700 KWh ...entspricht Speicherkapazität aller derzeit zugelassenen E-Fahrzeuge in D (ohne Batteriedegeneration)


    68 803 * 1000 = 68 803 000 KWh ...entspricht den derzeiten Strombedarf Ds in einer Stunde in KWh


    68 803 000 > 50 438 700 ...q.e.d. Das geht sich net ganz aus...


    Aber die Aussage war, dass bereits 1% der Deutschen E-Autos ausreichen würden, um die notwindigen 68 GWh zu speichern:

    50 438 700 / 100 = 504 387 KWh, also rund 500 MWh ...entsprich ca. der erzeugten Strommenge im KKW Isar in 20 min.


    Und diese Rechnung nimmt 100% Ladezustand und 100% Batteriekapazität an, und geht davon aus, dass alle gleichzeitig an einer Station hängen, die fähig ist Strom rückzuspeisen. Und es reicht immer noch nicht.


    Zu den 1%: 2-3 Größenordungen daneben genügt halt grad noch für eine Stammtischmeinung.

  • V2G ist längst technisch möglich, es gibt nur noch keine gesetzliche Grundlage dazu.



    68 803 000 > 50 438 700 ...q.e.d. Das geht sich net ganz aus...

    Stimmt. Es geht sich nicht ganz aus.

    Dann sind es eben nur 45 oder 50 Minuten.

    Aber danke fürs nachrechnen. Ich war mit der Aussage ungefähr 1 Stunde zufrieden. Aber du hast auch schön, die Mittagszeit genommen. Nimm doch mal, statt 12 Uhr 24 Uhr.

    (Zur Rechnung noch: 60 kWh ist keine Oberkante bei eAutos, sondern eher (oberes) Mittelmaß. 50 kWh sind heute eigentlich die Einstiegsgröße).


    Ändert an der Grundaussage nichts, dass schon recht viele Speicher vorhanden wären und das eben bei gerade einem ca 1% der Bestandsautos.


    Immer unter dem Gesichtspunkt, dass das ja nicht die einzigen Speichermöglichkeiten sind/bleiben werden, sondern eine Variante von vielen.

  • V2G ist längst technisch möglich, es gibt nur noch keine gesetzliche Grundlage dazu.

    Dann musst amal die Ladeinfraktur überall einbauen und die Leute dazu motivieren es auch zu verwenden.



    Nimm doch mal, statt 12 Uhr 24 Uhr.

    Gut, wären im konkreten Fall 53,976 GW, reicht immer noch nicht. Jedoch braucht niemand Speicherkapazitäten in der Nacht.



    (Zur Rechnung noch: 60 kWh ist keine Oberkante bei eAutos, sondern eher (oberes) Mittelmaß. 50 kWh sind heute eigentlich die Einstiegsgröße).

    Geschätze Oberkante des Medians, d.h. m + 1 Standardabweichung. Generell ist die Rechnung (bewusst) viel zu positiv für E-Autos geschätzt. Siehe letzter Satz voriges Posting.


    Immer unter dem Gesichtspunkt, dass das ja nicht die einzigen Speichermöglichkeiten sind/bleiben werden, sondern eine Variante von vielen.

    Diese wären außer Pumpspeicher? aja "Deswegen fungiert das Netz als Speicher. Und das ist alles ausgerechnet."

    Ändert an der Grundaussage nichts, dass schon recht viele Speicher vorhanden wären und das eben bei gerade einem ca 1% der Bestandsautos.

    Viel ist das eben nicht, selbst wenn man von voller Ausnutzung aller E-Auto Batterien ausgehen würde (ain't gonna happen).

    Aber bei diesem Thema könnte es ja in Zukunft Bewegung geben, die obige Studie schreibt von 2050, ein einigen Regionen 2030.


    Das ist jedoch alles im Konjunktiv und derzeit nicht Realität.

  • "e-engine meint: V2G ist eine tolle Technologie. Von einem realen Einsatz jedoch ist sie so weit entfernt wie der Mond von der Erde. Zwar würden die vielen Autobatterien tatsächlich einen Beitrag zur Netzstabilisierung beisteuern können, allein es fehlt die Technologie und die digitale Infrastruktur, die mit viel Geld und Know-how erst implementiert werden muss. Wie das in Deutschland derzeit funktioniert, sehen wir täglich. BER ist überall. Mit anderen Worten: „Noch und Nöcher“ stimmt zwar theoretisch, aber praktisch gibt es den Speicher eben nicht. Und daran wird sich auch in den nächsten 4 bis 5 Jahren nicht viel ändern – die deutschen Behörden schlafen weiter und entschuldigen sich weiter mit fehlenden Zuständigkeiten.

    Die modernen Autohersteller vom Schlage Volvo, Polestar, Hyundai/Kia und anderen sind hier bereits weiter. Sie haben das Spiel eröffnet und hatten teilweise einen fantastischen Aufschlag. Der Ball jedoch, um im Bild zu bleiben, landete weit hinter er deutschen Bürokratie im Aus. Die dortigen Protagonisten suchen ihn seitdem und werden ihn so schnell nicht finden. Das „Stromparadies“ wird deshalb wegen unbestimmter Spielunterbrechung weiter auf sich warten lassen."


    Quelle

  • Nicht nur beim Bahnnetz hinkt Bayern hinterher ...
    "Orkantief stresst das Stromnetz"

    Quelle

    (Ein Beitrag aus 2017 und was hat sich inzwischen geändert?)

  • Da braucht es mal die Infrastruktur, um den Fahrzeugen mitzuteilen, dass sie jetzt Strom liefern sollen. Das geht weit über Smart Meter hinaus.

    Von etwaigen Sicherheitslücken, die das Ding haben wird, will ich gar nicht erst reden.


    Aber vielleicht haben wir Glück und alle Programmierer werden bis dahin durch GPT ersetzt, wenn ich dem Ding sag "schreib den Code so, dass er sicher ist" kommt da sicher was gscheites raus :P

    You, who are indifferent to the misery of others, it is not fitting that they should call you a human being. ~ Saadi Shirazi

  • Ich bin zufällig auf zwei Artikel in Schweizer Zeitungen gestoßen. Überlegungen in dieser Art würde ich mir auch hierzulande wünschen, einfach dass mans in der Schublade hat wenn mans braucht! Auf dass man nicht wieder so hilflos dasteht wie zu Beginn der Pandemie...


    https://www.blick.ch/politik/auch-nationalraete-dafuer-bei-strommangel-sollen-angestellte-auch-nachts-arbeiten

    Droht der Schweiz der Blackout, sollen Unternehmen ihre Angestellten einfacher in der Nacht und am Sonntag einsetzen können. Das findet nach dem Ständerat auch die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats.

    Mit 14 zu 10 Stimmen hat die Kommission dem Nationalrat am Dienstag empfohlen, eine entsprechende Motion der Luzerner Ständerätin Andrea Gmür (58, Mitte) anzunehmen.


    Gmür will eine zeitlich befristete Anpassung des Arbeitsgesetzes. Dies im Sinn, dass eine Energiemangellage als «dringendes Bedürfnis für Nacht- oder Sonntagsarbeit» definiert wird. Während einer Energiemangellage könne es für Unternehmen nötig sein, die Arbeiten dann zu erledigen, wenn sonst kein grosser Energieverbrauch vorhanden sei, schreibt die Luzerner Ständerätin im Motionstext.

    https://www.blick.ch/politik/weitere-verordnung-wegen-strommangel-geplant-flieger-amt-nervt-sich-ueber-oev-extrawurst

    Und schon ist eine weitere Strom-Verordnung in Vorbereitung. Diese zielt auf die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs ab. Der ÖV wird von der Kontingentierungsverordnung nämlich explizit ausgenommen, während andere Grossverbraucher, beispielsweise aus der Industrie, im Ernstfall einen Teil ihres Stromverbrauchs einsparen müssen.


    Eine separate Verordnung soll nun regeln, wie der versorgungsrelevante ÖV – inklusive Güterverkehr – im Falle einer Strommangellage aufrechterhalten werden kann. Das Ziel: Das ÖV-Angebot bis zu einem gewissen Grad weiterführen und gleichzeitig sicherstellen, «dass das übergeordnete Einsparziel erreicht wird», heisst es im Aussprachepapier-Entwurf. Das zeigt die verwaltungsinterne Ämterkonsultation vom Herbst zu den Strom-Bewirtschaftungsmassnahmen, die Blick gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz vorliegt.


    Doch diese ÖV-Extrawurst sorgt im Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) für Stirnrunzeln. Die alleinige Priorisierung des ÖV «wirkt etwas zufällig und erschliesst sich uns nicht», hält das Bazl in seiner Stellungnahme fest...

  • Ich bin zufällig auf zwei Artikel in Schweizer Zeitungen gestoßen. Überlegungen in dieser Art würde ich mir auch hierzulande wünschen, einfach dass mans in der Schublade hat wenn mans braucht! Auf dass man nicht wieder so hilflos dasteht wie zu Beginn der Pandemie...

    Hallo: Die Gedanken hat man sich schon in den 80ern gemacht:

    Probleme und Konsequenzen einer Stromrationierung - PDF Free Download (docplayer.org)

    707 Seiten, voll mit Erkenntnissen, was geht und was nicht geht. Mit detaillierter Verfolgung der Konsequenzen, bis hin zur Funktionbereitschaft von Türen im öffentlichen Verkehrsmittel.

    Auch heute noch ein Lesenswertes Buch.

    Gruss Arolfinger